Dienstag, 30. Januar 2007

Allegorisches Sonett – Christian Hoffman von Hoffmannswaldau

Allegorisches Sonett

Amanda, liebstes Kind, du Brustlatz kalter Herzen,
Der Liebe Feuerzeug, Goldschachtel edler Zier,
Der Seufzer Blasebalg, des Trauerns Löschpapier,
Sandbüchse meiner Pein und Baumöl meiner Schmerzen,

Du Speise meiner Lust, du Flamme meiner Kerzen,
Nachtstühlchen meiner Ruh, der Poesie Klistier,
Des Mundes Alekant, der Augen Lustbrevier,
Der Komplimenten Sitz, du Meisterin der Scherzen.

Der Tugend Quodlibet, Kalender meiner Zeit,
Du Andachtsfackelchen, du Quell der Fröhlichkeit,
Du tiefer Abgrund du voll tausend guter Morgen,

Der Zungen Honigseim, des Herzens Marzipan,
Und wie man sonsten dich mein Kind beschreiben kann.
Lichtputze meiner Not und Flederwisch der Sorgen.

Inhalt und Form:

Der strengen äußeren Form dieses Sonetts ähnelt auch sein syntaktischer Bau und sein überlegter inhaltlicher Aufbau. Jeder Teil hat eine bestimmte Aufgabe. So wird in den Quartetten durch die Darstellung gleichbedeutender Aussagen das Thema des Gedichtes aufgestellt. In den Terzetten kommt es zu einer zusammenfassenden Auswertung des Quartetten Inhaltes. So beschreibt das lyrische Ich in dieser Ode an Amanda durch Verwendung naturalistischer Bilder, die kontrastreich gegenübergestellt werden die Anbetung der Geliebten. Durch die strenge Form des Sonetts ist ein gedanklich klarer Aufbau erforderlich, sodass die Thematik begrenzt wird auf ein Thema und zwar die Liebe.

Der Titel nimmt auf zweierlei Bezug auf das Gedicht. So wird in diesem Sonett vorwiegend die Allegorie verwendet, also die Verbildlichung vom Abstrakten, wobei meistens die Personifizierung benutzt wird. Dieses Sonett gehört zur Gattung der Liebeslyrik daher findet man eine Rhetorisierung der Sprache, gesteigert Bildhaftigkeit meistens Jamben. Wobei hier als jambisches Versmaß der Alexandriner verwendet wurde. Der umarmende Reim in den Quartetten, der Paarreim in der ersten Terzett und der umarmender Reim im letzten Vers der dritten Strophe mit letzter Strophe unterstützen den inhaltlichen Aufbau.

in erster und letzter Zeile der Quartette => Alexandriner, also 13 Silben mit einem weiblichem Ausgang, d.h. gerade Anzahl der Silben des letzten Wortes des Verses

in zweiter und dritter Zeile der Quartette => Alexandriner, also 12 Silben mit einem männlichem Ausgang, d.h. ungerade Anzahl der Silben des letzten Wortes des Verses

in erster und zweiter Zeile der Terzetten => Alexandriner, also 12 Silben mit einem männlichem Ausgang, d.h. ungerade Anzahl der Silben des letzten Wortes des Verses

in letzter Zeile der Terzetten => Alexandriner, also 13 Silben mit einem weiblichem Ausgang, d.h. gerade Anzahl der Silben des letzten Wortes des Verses

=> Silbenanzahl harmoniert mit Reimschema

Das lyrische Ich beschreibt die geliebte Amanda (Amanda => Gerundivum, substantivisch => Dopplung, dadurch Steigerung) mit Vergleichen (Ellipse: weglassen des Verbs =>Vergleich tritt in den Vordergrund). Diese Allegorie mit mehreren Gegenständen schafft einen Vergleich der Wertigkeit Amandas, die ausschließlich angesprochen wird. (Anapher: Z. 2/3 Der Z. 10/11 Du => Betonung auf Amandas Beschreibung) Dabei tauchen verstärkt Wörter des Wortfeldes Feuer auf, das symbolisch für Liebe steht. In der ersten Strophe legt das lyrische Ich nahe, das die Liebe zu Amanda noch frisch wie die Flamme eines Feuerzeugs ist, und eine Kostbarkeit darstellt. In der nächsten Strophe hat sich diese allgemeine Verliebtheit in eine brennende Liebe entwickelt, wobei sich das lyrische Ich in der Nähe der Geliebten sehr wohl fühlt. Die anscheinend befremden wirkende Antithese: Poesie Klistier, soll nur verdeutlichen, wie angenehm oder befreiend ihre Gegenwart ist.

In der ersten Terzett scheinen die Liebenden schon länger zusammenzuleben. Das lyrische Ich besinnt sich diesem harmonischen Miteinander. In der letzten Strophe hofft das lyrische Ich diesen Zustand solange wie möglich zu erhalten.